24: Sprechen und Denken u.. . . .

Anmerkung zum Beitragsbild: Dies ist eine Montage von zwei Gemälde-Teilen des ausklingenden Mittelalters. Der Italiener Michelangelo Buonarroti arbeitete vier Jahre an dem Deckengemälde der Sixtinischen Kapelle im Vatikan (von 1508 bis 1512); und die beiden „süßen“ Engelchen wurden zur gleichen Zeit von einem anderen berühmten Renaissance-Maler – Raffael –  gemalt, im Bild der Sixtinischen Madonna (Gemäldegalerie Alte Meister in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden). 

Das größere Gemälde zeigt „die Erschaffung Adams“ in der Bildvorstellung des Maler-Genies Michelangelo: Der Herrgott hat gerade seinen geschaffenen Menschen mit einer Berührung der Fingerspitzen in der reale Welt entlassen: Eine symbolträchtige Bildszene, Engel(chen) scheinen immer noch gegenwärtig zu sein …

Diese Bilder präsentieren beide jenen christlich dominierten Zeitgeist des Übergangs zur Renaissance im 16. Jahrhundert (Post 12), und die Engel, in der Kindchen-Ausgabe (wie hier) auch Putten oder Eroten genannt, kennt ja jeder, nicht nur von ähnlichen religiösen Bildern. In unserer Umgangssprache sind wohl die Schutzengel am bekanntesten. Aber auch die tauchen nur in Bildern auf; wir mögen sie, wenn wir erfahren, dass sie jemandem geholfen, jemanden gerettet haben. – Ein bisschen Magie (oder Wunder) ist ganz prickelnd. Darum verlängere ich hier auch den Titel des Posts ein wenig:

Post 24: Sprechen und Denken und Fühlen .  .  .

‚Ein bisschen Magie‘ habe ich oben fantasiert. Ob an Engel oder an sonstwas,  – denken wir eigentlich „in Worten“?  Mein letztes KAPITEL heißt: Gedanken zur Deutschen Sprache. Ich beantworte die Frage oben (natürlich) mit: Ja. Aber gilt das für alles Denken?

„Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt“

Diesen berühmte Ausspruch des Philosophen Ludwig Wittgenstein fand ich in den 70er Jahren in einem Schulbuch für den Deutschunterricht.[1] [1]Das größere Gemälde zeigt „die Erschaffung Adams“ in der Bildvorstellung des Maler-Genies Michelangelo: Der Herrgott hat gerade seinen geschaffenen Menschen mit einer Berührung der Fingerspitzen in der reale Welt entlassen: Eine symbolträchtige Bildszene, 1 : 1 – als „Bild-Zitat“ – übernommen von Steven Spielberg in seinem Film ET; der kleine Außerirdische war ja auch ein süßes Kind-Wesen, s.o.: die Engel scheinen immer noch gegenwärtig zu sein … Der Satz ist mir immer wieder begegnet, und ich habe ihn immer nur  so verstanden, als würde er von jedem Menschen (in der Ich-Form) gesprochen. Wittgenstein sagt darin nichts  über die Grenzen der Sprache oder einer Sprache aus. Er spricht „seinen“ Satz als ein Mensch, der über „seine Sprache“ nachdenkt. Und so kann ich Wittgensteins Aussage „meine Sprache“ bzw. die eigene Sprache jedes einzelnen Menschen – auch nur als den eigenen Satz eines einzelnen Sprechers verstehen. Und mit dem Wort ‚Sprache‘ meint Wittgenstein ohne Zweifel die vollständige Palette unserer Kommunikation, er gilt als einer der größten Sprachwissenschaftler des 20. Jahrhunderts.[2] [2] Freundliche Grüße an Frau Chatera Malek (bei Google)!

Babys lernen in ihrer Muttersprache – nach den ersten Monaten Gebrabbel – Wörter von Dingen die ihnen gezeigt werden: Ball, Papa, Auto oder so … Sie lernen alle Dinge, die ihnen gezeigt werden, als seien das die Namen dieser Sachen. Dabei wissen diese kleinen Menschen (noch) gar nicht, dass das oft gar keine ‚Sachen‘ sind: auch „heiß“, „baden“ oder der Bruder „Paul“ sind zunächst nur Namen.][3] [3]Achtung: Es geht hier nicht um den Spracherwerb, um die Fähigkeit, Sprechen zu lernen, sondern um die erste Sprachlaute (Muttersprache) zu äußern Auch Immigranten lernen „ihre“ neue Sprache meistens über die „Namen“ der Dinge, die ihnen gezeigt werden: Küche, Herd, Kühlschrank, Bett, Fenster, Tür usw. In Sprachschulen hängen oft Zettel mit ‚den‘ Nomen an diesen Gegenständen, in Büchern, auch in den ersten Lesebüchern der Grundschulen, sind die Dinge mit dem Nomen abgebildet. Ich habe in Deutschkursen (Deutsch als Fremdsprache) meinen Probanden die Dinge gezeigt und sie antworten lassen, damit sie von Anfang an das Ding nicht nur benennen, sondern auch den passenden Antwortsatz sprechen lernten. –

Im Prinzip lernten unsere Vorfahren auch genau nach diesem Verfahren (ebenso ihre Babys):[4] [4]Vgl.: Post 5 – über das Sprechen in der Steinzeit … Wahrscheinlich waren auch ab und zu wandernde Händler oder ‚Handwerker‘ vorbeigekommen – und hatten ihrerseits „neue“ Wörter da gelassen. … –  (Vgl. Post 5) Ich kann also formulieren: Der Mensch lernt eine Sprache im Normalfall über die Nomen (die „Namen“), die ihm konkret begegnen. Diese Wörter können auch einen Zustand, eine Tätigkeit oder ein Gefühl benennen: Gehen, die Hand zum Gruß heben, Schmerzen haben, etwas gern essen. Dafür gibt es in der (neuen) Sprache auch genaue Bezeichnungen (oben: ‚Namen‘), und so kommen wir wieder zu den Wortarten und zum Satzbau (aus dem vorigen Post 23). Und das alles können wir nicht ohne die Fähigkeit zu denken bewältigen: Mit jedem neuen Wort, das wir gelernt haben (dessen Bedeutung wir verstanden haben), erweitern wir unseren Wortschatz und damit auch unseren geistigen Horizont; wir vergrößern „unser“ Bild von der Welt, oder genauer, um mit Wittgenstein zu sprechen: Das Bild von unserer Welt.

Damit wir uns verstehen: Natürlich weiß ich, das „unsere“ Geflüchteten die Dinge, die hier beispielhaft genannt werden, längst kennen, – aber sie betreten mit ihren Sprechübungen „eine neue Sprachwelt„.

Die Lernpsychologie hat für die Entwicklung und das Training dieser Denkleistungen mehrere Methoden entwickelt, denn Lernen ist Kopfarbeit. Hier sollen nur drei Stufen dieser Denkleistungen genannt werden:

  1. Rekonstruktion – damit ist die Wiedergabe von gespeichertem Wissen gemeint (sich erinnern und wiederholen),
  2. Reorganisation – so nennt man das Verarbeiten und Anwenden des Gelernten (Erinnertes anwenden/verarbeiten und in anderen, ähnlichen Situationen benutzen),
  3. Problemlösendes Denken: Gelerntes auf ein neues, auf das geforderte, anstehende Problem übertragen können (von erinnerter Erfahrung auf das Neue schließen: assoziieren, transferieren).[5] [5]Das hört sich alles nicht so „schwer“ an, und tatsächlichen haben Verhaltensforscher längst herausgefunden, das nicht nur Menschenaffen, unsere ’nächsten Verwandten‘, die Arbeiten bewältigen können …

Hier sind drei ansteigende Anforderungsstufen an unser Gehirn formuliert: Sich erinnern geschieht meistens (fast) automatisch: Wie funktioniert ein Gummiband-Motor?  Von der so „gelernten“ Spielzeug-Windmühle auf die Mechanik eines selbst fahrenden Spielzeug-Schiffchen zu schließen, ist schon schwieriger; dann aber mit dem gleichen Motoren-Modell einen Pkw-Antrieb zu entwickeln, erfordert schon eine hohe Denkleistung (und ein gewisses Technik-Verständnis). –

Können wir überhaupt etwas lernen, ohne zu denken? Ich sage: Nein! – Und damit gebe ich Wittgenstein Recht; denn: Wenn ich einem Objekt begegne, das ich nicht kenne, das mir vielleicht sogar (weil ich „nichts damit anzufangen weiß“) belanglos erscheint, bleiben mir der Name und die Bedeutung dieses Objekts verschlossen. Ich nähere ich mich diesem Ding erst an, sobald ich „ein Wort“ dafür „habe“; besser wäre dann zusätzlich (oder anschließend) eine Erläuterung zu dem Nutzen, zur Verwendbarkeit oder zur Existenz-Begründung dieses – bis dahin mir unbekannten Dings, – und schon hätte ich mein Weltbild um einen kleinen Blickwinkel erweitert. Nur meine Sprache, nicht eine eigens dafür zu benutzende neue Fremdsprache, hätte mir zu einer „Grenzüberschreitung“ meiner (alten/bisherigen) Welt verholfen.[6] [6]Eine Fremdsprache zu erlernen, heißt diesen Erkenntnisprozess zu vervielfältigen: Man kommuniziert mit der zweiten Sprache nicht (lange Zeit) wie ein Wörterbuch, – früher oder später erlebt man eine neue Sprach-Dimension

Oder ein zweites Beispiel: Erst, wenn mir mein Fitness-Trainer Lage und Funktion (und dabei auch Namen) bestimmter Muskeln erklärt/genannt hat, erkenne und verstehe ich den Sinn seiner Bewegungs-Vorschläge, sonst hätte ich sie bestenfalls verständnislos – ohne ‚zu denken’/gedankenlos – nur befolgt.

Sprechen, Denken  –  Fühlen ?

Nach meinem Wissen kann nur die eben beschriebene Art des gedanklichen Erfassens von neuen, unbekannten „Welten“ (oder Wörtern) funktionieren: man lernt auch die Nomen für abstrakte Dinge, unsichtbare Prozesse, für akustische Erscheinungen oder für die eigenen Gefühle kennen, oder man „hört davon“, fragt danach, liest darüber und beginnt so, allmählich darüber nachzudenken, oder: das Neue wird einem schlagartig klar, fällt einem wie Schuppen von den Augen . . .   Diese innere Auseinandersetzung mit Unbekanntem wird natürlich befördert, wenn man darüber auch mit jemandem sprechen kann.

  • Noch schreibe ich hier lediglich über neue Bezeichnungen, Namen für zunächst Unbekanntes. Dazu biete ich gern auch ein weiteres Beispiel an:  Wir Norddeutschen kennen in der Regel etwa drei bis fünf Bezeichnungen für Schnee: Neuschnee, Pulverschnee, überfrorener Schnee, Schneematsch und Schneeglätte. Wintersportler kennen natürlich mehr Schneearten, Alpenbewohner noch mehr, und Eskimos kennen mehr als zwanzig Begriffe für ihre weiße Umwelt.
  • So ähnlich geht es uns mit Bezeichnungen von Gefühlen. Ich habe kürzlich eine Werbeanzeige gesehen, da war von sieben Gefühlen die Rede, die „es gebe“; und ich hatte Mühe, spontan sieben Gefühle zu benennen, obwohl ich sicher bin, dass ich schon mehr als sieben erlebt habe.
  • Ein Verhaltensforscher (Paul Ekman) unterscheidet tatsächlich sieben Grundemotionen, die jeder Mensch  zu erleben in der Lage ist: Es sind  Angst, Wut, Ekel, Freude, Trauer, Verachtung und Überraschung. (Mir sind das zu wenig: 4 negative gegenüber 1 1/2 positiven Gefühlen?)

Interessant ist, dass man aber diese Gefühle erlernen muss, und das spricht für die Einheit von fühlen, denken und sprechen, die Einheit von Gefühlen, Gedanken und Sprache. Kinder, haben Verhaltensforscher (wie Ekman)herausgefunden, kennen bis zum Alter von 2 Jahren nur das Gefühl der Freude. Dann lernen sie mit den Jahren die übrigen Gefühle kennen, Untersuchungen haben sogar nachgewiesen, dass sich etwa alle 2 Jahre ein weiteres dieser Grund-Gefühle einstellt. Mit der Pubertätsreife, also etwa 14jährig, sind wir also theoretisch „emotional ausgestattet“. Ich habe über die Entwicklungspsychologie noch gelernt, dass die durchschnittliche Ausbildung zur emotional erwachsenen Persönlichkeit sogar noch einige Jahre länger dauert und erst mit abgeschlossener Kulturpubertät vollendet ist, also etwa bei 18jährigen [Erwachsenen].[7] [7]Aber inzwischen ist die Psychologie ganz andere Wege gegangen, wie ich schon als Lehrerausbilder (für Erziehungswissenschaften) erfahren musste: in den letzten Jahren des vorigen Jahrhunderts wusste kaum ein angehender Lehrer etwas über die Psychologie von Jugendlichen (Studienreferendarinnen auch nicht); fast kein Wunder, dass die Psychotherapie so boomt – Andererseits erfahren Jugendliche durch ‚ihre‘ Medienwelt so viele ’neue‘ Fakten, z.B. aus der Politik, dass sie früher an Wahlen beteiligt werden können; die emotionale Reife kann man ihnen getrost zutrauen. (Im Wissen, dass auch bei „Erwachsenen über 18“ Wahlen nach Gefühl entschieden werden können.)

Inzwischen haben Sie auch in diesem Blog einige Male lesen können, dass man erst einen Begriff von einem Ding, einer Person, einer Angelegenheit, einer Situation, auch: einem Gefühl zur Verfügung haben muss, in seinem persönlichen Vokabular besitzen muss, um über dieses Ding, die Person, Angelegenheit, Situation oder eben dieses Gefühl wirklich nachdenken zu können. Und dann vielleicht auch darüber sprechen zu können. Und wie vielen Menschen fällt es dennoch schwer, über Gefühle zu sprechen, erst recht, über die eigenen!

Als Lehrer weiß man, dass junge Menschen in einer Gruppe wie der ‚eigenen‘ Klasse  oder in einer frei gewählten Interessengemeinschaft eher in der Lage sind, sich an diesen oder vergleichbaren Themen zu beteiligen; eine Gruppen Gleichgesinnter kann den (jungen) Menschen Reflexion und Umgang mit schwer zu verarbeitenden Gefühlen erleichtern. Darum gibt es ja so zahlreiche Selbsthilfegruppen und auch: Trauer-Veranstaltungen.

Andererseits erfährt man immer wieder, was sich aus unterdrückten, gedanklich nicht verarbeiteten Gefühlen entwickeln kann. Ich bekenne hier (nicht ganz freimütig), von diesen oder ähnlichen geistigen Vorgängen oder Szenarien zu wenig zu verstehen, um dieses Thema vertiefen zu können. Aber ich möchte dennoch, dass das Thema Denken und Fühlen sorgsam und sensibel (gefühlvoll?!) beobachtet wird, – an sich selbst, durch Sie oder/und in einem (möglichst vertrauten) Freundeskreis. Es ist sicher kein Zufall und auch kein Hype[8] [8]Hype:  eine Form der Werbung, aber auch das Aufgreifen einer Information oder eines Tipps, die/der sehr ungewöhnlich, aggressiv oder spektakulär ist oder erscheint und die/der eine besondere Begeisterung für das Produkt beim Verbraucher bzw. den Wunsch nach Erfahrung beim Adressaten hervorruft [nach Wikipedia], dass Personalmanager und Psycho- und Physiotherapeuten und -Therapeutinnen immer häufiger und selbstverständlicher zu unserer Gesellschaft zu gehören scheinen. Ich sehe darin ein positives Zeichen sozialen Verhaltens.

Allein diese wenigen Anmerkungen verdeutlichen die seelischen Risiken, denen sich Kinder und Heranwachsende ausgesetzt sehen, wenn sie nicht rechtzeitig (mit Eltern, Familie, im Kindergarten, in den Schulen) gelernt haben, über Gefühle nachzudenken und sie zu artikulieren, – die eigenen und die Gefühle anderer Menschen.

Aber dieses nur angedeutete große Thema ist mit den Grundgefühlen noch nicht ganz erfasst: Was ist mit Empathie, der Fähigkeit, die Gefühle anderer Menschen zu achten und zu beachten? Was mit

Respekt, Würde, Vertrauen, Mitgefühl?

Ich möchte mit einem Gedanken abschließen[9] [9]Dieses letzte KAPITEL meines Beitrags hat immerhin den Titel: Gedanken zur Deutschen Sprache, der diesen Themenkreis aus einer anderen Perspektive beleuchtet: In ‚meinen‘ Soziologie-Studien[10] [10]Aus den angebotenen Vorlesungen  über Politik, Philosophie und Soziologie habe ich mich (1965 und 66) für die Soziologie (bei dem Gast-Dozenten Ralf Dahrendorf) entschieden und bei ihm auch meine erste Staatsexamensarbeit geschrieben erfuhr ich (in den frühen 60er Jahren) erstmals etwas von dem Homo Soziologicus, der in jedem von uns steckt, weil wir Menschen in unserem täglichen Leben ständig in verschiedenen sozialen Rollen, aber ebenso ständig in ‚unserer‘ Gesellschaft leben (müssen). Es ist die Gesellschaft, die um uns und mit uns lebt, uns aber so auch mit (ihren) gesellschaftlichen Werten und Normen und Erwartungen umgibt. Und wir müssen – jeder einzelne von uns muss – darauf reagieren, in unserer/seiner Art und Weise. Wir haben also zunächst keinen Einfluss auf  die Erwartungen  der Gesellschaft, aber wir können uns ihnen auch nicht entziehen.  Das nennt die Soziologie einen Rollenkonflikt.

Es klingt zunächst brutaler als es ‚im Leben‘ tatsächlich ist. Denn wir kennen nahezu alle Normen und Erwartungen der uns umgebenden Gesellschaft, wir sind schließlich mit ihnen groß geworden. Wir sind stolz, wenn wir Erwartungen erfüllen und eher beschämt, wenn wir das nicht geschafft haben. ABER: Als Grundgefühle treten diese beiden Emotionen nicht auf! Und da kommt der wahre Rollenkonflikt ins Spiel: Mit welchem Gefühl reagieren wir auf Erfüllung einer Norm oder genauer: Was empfinden wir dabei? Freude (Genugtuung, Stolz, Selbstvertrauen) wäre die breiteste Gefühlsgrundlage …

Das Denkmodell des Homo soziologicus erfüllt Sie und uns wahrscheinlich mit gemischten Gefühlen, ist aber auch nicht von der Hand zu weisen. Wir haben die Widersprüche am eigenen Leib oder an unseren Kindern, im Bekanntenkreis erlebt: Bockigkeit, pubertäres Hadern, Starrköpfigkeit, Egoismus sind nur einige der Konflikt-Ursachen. Und wir haben oft genug erlebt, dass sich Gesellschaft und Individuum  irgendwie annähern können, – that’s Life. (Ich meine wirklich: diese „tatsächlichen  Annäherungen“ sind beidseitig! Nur im Tempo unterscheiden sie sich: der Einzelne kann, wird, will, muss sich verändern, die Distanz zwischen ihm und „der Gesellschaft“[11] [11]Sie haben hier, beim Lesen der Sprachentwicklung immer wieder erfahren, dass die Beharrlichkeit der Gesellschaft (oft: .. der bestimmenden Gesellschaftsschicht) der Grund für einen nur sehr langsamen Fortschritt im Leben aller Menschen (einer Gesellschaft) war. Soziale Trägheit ist der längst bekannte Fachbegriff dafür (Bourdieuführender Gesellschaftswissenschaftler der 2. Hälfte des 20. Jh.‘): Soziologen haben untersucht, wie das wirtschaftliche und kulturelle Erbe über Generationen weitergegeben wird, und dass es dabei zu starker sozialer Trägheit kommt, selbst während Zeiten sozialen Fortschritts. vergrößert sich dabei auch zwangsläufig, und die Gewöhnung dauert bei der Trägheit unserer Gesellschaft eben länger, aber sie wird bei einmal begonnenen Veränderungen nicht aufzuhalten sein. –

Neu ist das alles nicht, es ist wahrscheinlich sogar älter als ein paar tausend Jahre. Damals – tatsächlich vor ein paar tausend Jahren! – gab es nämlich etwas Ähnliches, erlebt und aufgeschrieben vom Urvolk der Christen, den Israeliten: Deren Prophet Moses, eine biblische Figur aus der Zeit der „alten“ Ägypter“ (um 1.300 v.Chr.), sprach als Erster von den Zehn Geboten des Christengottes, der damals Jahweh hieß, der Gott Israels (geschrieben JHWH, weil das phönizische ABC noch keine Vokal-Zeichen besaß – vgl. Post 6!); danach haben die zehn Gebote (die 10 für die Menschheit wichtigsten ‚Anforderungen‘!)  im Judentum und im Christentum einen zentralen Rang für die theologische Ethik und die Kirchen- und Kulturgeschichte Europas sowie des außereuropäischen Westens eingenommen. (Ähnliche Anforderungen an Gläubige bestehen auch in den anderen Religionen, aber eben nur ähnliche.) Martin Luther hat sie aus dem Hebräischen und dem Griechischen (und Lateinischen) in der Bibel, besonders in ihrem 2. Teil, dem Neuen Testament, für uns in einem Extra-Text zusammengefasst und übersetzt: im Katechismus [Post 17, Anmerkung [13]. – Und auf die Ebene der Verhaltensforschung übertragen, habe ich bei Wikipedia (wo sonst?!)  einen Dreistufenplan für Werte, Normen und Erwartungen gefunden (- für Anforderungen also). Es gibt:

  • .. Muss-Erwartungen, die in allen Gesellschaften gesetzlich geregelt sind und deren Verstöße bestraft werden (z.B.: Mord, Raub … )
  • .. Soll-Erwartungen; die üben zwar einen etwas schwächeren Druck auf den homo soziologicus aus als Muss-Erwartungen, sie werden jedoch bei Verletzung mit sozialen Sanktionen geahndet.“ Soll-Erwartungen sind beispielsweise leises Verhalten in einer Bibliothek oder pünktliches Erscheinen am Arbeitsplatz.“ (vgl. auch: Post 26: Typisch deutsch!)
  • .. Kann-Erwartungen ziehen in der Regel keine negativen Folgen nach sich, wenn sie nicht erfüllt werden. Außergewöhnliches Engagement oder allgemein altruistisches (selbstloses, uneigennütziges) Verhalten fällt unter diesen Bereich – im Gegensatz zu egoistischem Verhalten. Da Kann-Erwartungen nicht von vornherein erwartet werden, bemerkt man sie zumeist lediglich erst, wenn sie erfüllt werden und dadurch positive Reaktionen, wie etwa Zuneigung oder Anerkennung, hervorrufen. – 

 

Anmerkungen:

[1]  Ludwig Wittgenstein (1889 – 1951), österreichisch-britischer Philosoph, der bedeutende Beiträge zur Philosophie der Logik, der Sprache und des Bewusstseins geleistet hat., hier in seinem 1929 erschienen Tractatus, einer  Logisch-Philosophischen Abhandlung. Wiigenstein gilt als einer der bedeutendsten Sprach- und Kommunikationstheoretiker des vorigen Jahrhunderts 

[2]  Freundliche Grüße an Frau Chatera Malek (bei Google)!

[3]  Achtung: Es geht hier nicht um den Spracherwerb, um die Fähigkeit, Sprechen zu lernen, sondern um die erste Sprachlaute (Muttersprache) zu äußern

[4]  Vgl.: Post 5 – über das Sprechen in der Steinzeit … Wahrscheinlich waren auch ab und zu wandernde Händler oder ‚Handwerker‘ vorbeigekommen – und hatten ihrerseits „neue“ Wörter da gelassen. …

[5]  Das hört sich alles nicht so „schwer“ an, und tatsächlichen haben Verhaltensforscher längst herausgefunden, das nicht nur Menschenaffen, unsere ’nächsten Verwandten‘, die Arbeiten bewältigen können …

[6]  Eine Fremdsprache zu erlernen, heißt diesen Erkenntnisprozess zu vervielfältigen: Man kommuniziert mit der zweiten Sprache nicht (lang) wie ein Wörterbuch, man erlebt eine neue Sprach-Dimension

[7]  Aber inzwischen ist die Psychologie ganz andere Wege gegangen, wie ich schon als Lehrerausbilder (für Erziehungswissenschaften) erfahren musste: in den letzten Jahren des vorigen Jahrhunderts wusste kaum ein angehender Lehrer etwas über die Psychologie von Jugendlichen (Studienreferendarinnen auch nicht); fast kein Wunder, dass die Psychotherapie so boomt

[8]  Hype:  eine Form der Werbung, aber auch das Aufgreifen einer Information oder eines Tipps, die/der sehr ungewöhnlich, aggressiv oder spektakulär ist oder erscheint und die/der eine besondere Begeisterung für das Produkt beim Verbraucher bzw. den Wunsch nach Erfahrung beim Adressaten hervorruft [nach Wikipedia]

[9] Dieses letzte KAPITEL meines Beitrags hat immerhin den Titel: Gedanken zur Deutschen Sprache

[10]  Aus den angebotenen Vorlesungen  über Politik, Philosophie und Soziologie habe ich mich (1965 und 66) für die Soziologie (bei dem Gast-Dozenten Ralf Dahrendorf) entschieden und bei ihm auch meine erste Staatsexamensarbeit geschrieben

[11] Sie haben hier, beim Lesen der Sprachentwicklung immer wieder erfahren, dass die Beharrlichkeit der Gesellschaft (oft: .. der bestimmenden Gesellschaftsschicht) der Grund für einen nur sehr langsamen Fortschritt im Leben aller Menschen (einer Gesellschaft) war. Soziale Trägheit ist der längst bekannte Fachbegriff dafür (Bourdieuführender Gesellschaftswissenschaftler der 2. Hälfte des 20. Jh.‘): Soziologen haben untersucht, wie das wirtschaftliche und kulturelle Erbe über Generationen weitergegeben wird, und dass es dabei zu starker sozialer Trägheit kommt, selbst während Zeiten sozialen Fortschritts.

Anmerkungen   [ + ]

1. Das größere Gemälde zeigt „die Erschaffung Adams“ in der Bildvorstellung des Maler-Genies Michelangelo: Der Herrgott hat gerade seinen geschaffenen Menschen mit einer Berührung der Fingerspitzen in der reale Welt entlassen: Eine symbolträchtige Bildszene, 1 : 1 – als „Bild-Zitat“ – übernommen von Steven Spielberg in seinem Film ET; der kleine Außerirdische war ja auch ein süßes Kind-Wesen, s.o.: die Engel scheinen immer noch gegenwärtig zu sein …
2. Freundliche Grüße an Frau Chatera Malek (bei Google)!
3. Achtung: Es geht hier nicht um den Spracherwerb, um die Fähigkeit, Sprechen zu lernen, sondern um die erste Sprachlaute (Muttersprache) zu äußern
4. Vgl.: Post 5 – über das Sprechen in der Steinzeit … Wahrscheinlich waren auch ab und zu wandernde Händler oder ‚Handwerker‘ vorbeigekommen – und hatten ihrerseits „neue“ Wörter da gelassen. …
5. Das hört sich alles nicht so „schwer“ an, und tatsächlichen haben Verhaltensforscher längst herausgefunden, das nicht nur Menschenaffen, unsere ’nächsten Verwandten‘, die Arbeiten bewältigen können …
6. Eine Fremdsprache zu erlernen, heißt diesen Erkenntnisprozess zu vervielfältigen: Man kommuniziert mit der zweiten Sprache nicht (lange Zeit) wie ein Wörterbuch, – früher oder später erlebt man eine neue Sprach-Dimension
7. Aber inzwischen ist die Psychologie ganz andere Wege gegangen, wie ich schon als Lehrerausbilder (für Erziehungswissenschaften) erfahren musste: in den letzten Jahren des vorigen Jahrhunderts wusste kaum ein angehender Lehrer etwas über die Psychologie von Jugendlichen (Studienreferendarinnen auch nicht); fast kein Wunder, dass die Psychotherapie so boomt
8. Hype:  eine Form der Werbung, aber auch das Aufgreifen einer Information oder eines Tipps, die/der sehr ungewöhnlich, aggressiv oder spektakulär ist oder erscheint und die/der eine besondere Begeisterung für das Produkt beim Verbraucher bzw. den Wunsch nach Erfahrung beim Adressaten hervorruft [nach Wikipedia]
9. Dieses letzte KAPITEL meines Beitrags hat immerhin den Titel: Gedanken zur Deutschen Sprache
10. Aus den angebotenen Vorlesungen  über Politik, Philosophie und Soziologie habe ich mich (1965 und 66) für die Soziologie (bei dem Gast-Dozenten Ralf Dahrendorf) entschieden und bei ihm auch meine erste Staatsexamensarbeit geschrieben
11. Sie haben hier, beim Lesen der Sprachentwicklung immer wieder erfahren, dass die Beharrlichkeit der Gesellschaft (oft: .. der bestimmenden Gesellschaftsschicht) der Grund für einen nur sehr langsamen Fortschritt im Leben aller Menschen (einer Gesellschaft) war. Soziale Trägheit ist der längst bekannte Fachbegriff dafür (Bourdieuführender Gesellschaftswissenschaftler der 2. Hälfte des 20. Jh.‘): Soziologen haben untersucht, wie das wirtschaftliche und kulturelle Erbe über Generationen weitergegeben wird, und dass es dabei zu starker sozialer Trägheit kommt, selbst während Zeiten sozialen Fortschritts.